Vor kurzem ist mir wieder eine sehr lustige Begegnung in der S-Bahn eingefallen, die mir Anfang des Jahres (also vor Corona und Maskenpflicht) passiert ist. Diese Geschichte gehört definitiv in meinen Blog. Sie ist etwas zum Schmunzeln und zum Nachdenken 😉

Es war ein kalter Montagmorgen im Februar. Es war natürlich wie immer viel zu früh, aber ich hatte mich tapfer aus dem Bett gekämpft und es dank mehrerer Tassen Kaffee tatsächlich geschafft, pünktlich zur S-Bahn zu kommen. Da ich, je nach Bahn, fast immer mit den selben Menschen diesen Weg zur Arbeit fahre, kennt man sich – zumindest vom Sehen. Doch dieser Morgen war anders. Ein Fremder mischte sich unter uns. Und das kam so: ich fuhr gerade mal 2 Stationen, als an der Haltestelle plötzlich die Türen aufgingen. Zuerst dachte ich (nach ein paar Sekunden), dass keiner einsteigen würde, aber dann kam ER. Ein wirklich sehr (!) großer und ein sehr (!) imposant wirkender Mann stieg zu uns in die Bahn. Er war von Kopf bis Fuß in schwarz gekleidet und machte den Eindruck, als wenn er direkt aus einem 60er Jahre Road Movie entsprungen wäre. Die Menschen um mich herum verstummten….

Der Mann blieb stehen und schaute sich suchend nach einem Sitzplatz um. Was soll ich sagen, ihr könnt es euch bestimmt schon denken. Er drehte sich um, blieb (natürlich) mit seinem Blick an dem freien Sitzplatz mir gegenüber hängen und kam langsam auf mich zu…Mir rutschte das Herz in die Hose. Er setze sich hin und schaute mich an. Ich versuchte ein kleines Lächeln. Er erwiderte nichts. Mein Lächeln gefror. Oh je, dachte ich so bei mir, jetzt bloß nichts falsches machen und einfach still sitzen bleiben. Sind ja nur noch 8 Stationen bevor du aussteigen kannst.

Es vergingen nur wenige Minuten (mir kam es vor wie Stunden) des Schweigens, als der Mann plötzlich mit der rechten Hand in seine linke Jackentasche greift…er schaute irgendwie ärgerlich aus und schien auf Anhieb nicht das zu finden, was er suchte. Ihr könnt euch vorstellen, dass mir in diesem Moment alles Mögliche in den Kopf schoss, was er jetzt aus seiner Innentasche ziehen könnte (ich hatte leider schon viel zu viele Krimis geschaut…). Wieder hielten alle um uns herum gespannt den Atem an (fehlte nur noch das Ticken einer Uhr ;-). Und dann kam ES zum Vorschein und ich dachte ich falle vom Sitz. Nein, es ist nicht das was ihr jetzt vielleicht denkt. Er zog eine Packung Capri-Sonne Orange aus der Innentasche. Dann griff er erneut in seine Jackentasche und holte noch einen kleinen, verschweißten Mini-Strohhalm heraus. Er schaute mich an, nahm sein Getränk, steckte den Strohhalm hinein und fing an ganz genüsslich daraus zu trinken. Beschämt und mit hochrotem Kopf schaute ich verlegen um mich herum und zu meinen Sitznachbarn. Alle, ohne Ausnahme, zeigten eine ähnliche Reaktion wie ich. Keiner hätte dieses Ergebnis vermutet und jeder hat mit etwas anderem gerechnet. Schlimm, aber leider wahr. Als ich endlich an meiner Zielhaltestelle angekommen war, stieg ich aus und musste erst einmal schallend lachen. Über mich. Über meine Vorurteile. Über alle anderen, die das selbe dachten wie ich. Vorurteile sind doof, aber die, die welche besitzen sind es noch viel mehr. Da hilft nur Humor und Selbsterkenntnis. Bekanntlich der erste Weg zur Besserung – einer Gesellschaft möglichst ohne Vorurteile wie diese 😉

In diesem Sinne, bis bald.

Eure M.